Kurz und knapp: Kernaussagen
- Alter allein darf nicht entscheiden: Entscheidend ist der Allgemeinzustand, nicht das Kalenderalter.
- Indikationsstellung ist zentral: Ärztinnen und Ärzte müssen prüfen, ob eine Therapie dem Patienten mehr nützt als schadet.
- Patientenwille planen: Professionell begleitete Patientenverfügungen und Advanced Care Planning helfen, Behandlungswünsche früh festzulegen.
- Systemische Fragen: Mehr Palliativversorgung und bessere Infrastruktur sind nötig, um Überversorgung am Lebensende zu vermeiden.
Warum die Debatte so heftig geführt wird
Die Diskussion um Therapien bei hochbetagten Menschen trifft sensible Punkte: Gerechtigkeit, Würde und Ressourcen. Ein oft wiederholtes Missverständnis ist, dass es um reine Kostenrechnung geht. Vielmehr geht es um die Frage, welches Therapieziel realistisch und angemessen ist. Wie ein erfahrener Palliativmediziner klarstellt:
Das Alter an sich darf kein Grund sein, eine Therapie zu geben oder sie auch nicht zu geben.
Worauf Ärztinnen und Ärzte wirklich schauen sollten
Statt mit starren Altersgrenzen zu arbeiten, verlangt gute Medizin eine genauere Prüfung:
- Allgemeinzustand: Wie belastbar ist der Patient? Gibt es Multimorbidität?
- Studienübertragbarkeit: Wurden die positiven Studienergebnisse an Patienten getestet, die dem vorliegenden Patienten ähnlich sind?
- Nutzen-Schaden-Abwägung: Führt die Therapie zu mehr Lebensqualität oder verlängert sie vor allem Leid?
Ein konkretes Beispiel
Bei einem sehr alten Patienten mit einem nicht heilbaren Tumor kann eine neue Therapie statistisch ein paar Monate Überlebensvorteil bringen. Entscheidend ist, ob diese Monate mit angemessener Lebensqualität einhergehen. Wenn Studien den Nutzen an 65- bis 70-Jährigen in gutem Allgemeinzustand zeigen, lassen sich diese Effekte nicht automatisch auf multimorbide 90-Jährige übertragen. Solche Abwägungen sind ärztliche Entscheidungen, die gemeinsam mit Patientinnen und Patienten getroffen werden sollten.
Wie Patienten und Angehörige Verantwortung übernehmen können
Eigenverantwortung heißt nicht, allein Entscheidungen treffen zu müssen. Es geht darum, rechtzeitig Wünsche zu formulieren:
- Advanced Care Planning: Professionell begleitet festlegen, welche Therapien gewünscht werden.
- Patientenverfügung: Konkretisieren, ob invasive Maßnahmen bis zum Lebensende erwünscht sind.
- Gespräch mit Betreuenden: Frühzeitige Gespräche mit dem hausärztlichen oder palliativmedizinischen Team führen.
Systemische Veränderungen: Mehr Palliativversorgung statt Überversorgen
Die alternde Gesellschaft braucht Ausbau der Palliativ- und Hospizangebote. Momentan werden in vielen Fällen im letzten Lebensmonat hohe Beträge für intensive medizinische Maßnahmen ausgegeben, ohne dass ein klarer Nutzen erkennbar ist. Eine Umverteilung hin zu wohnortnahen, gut finanzierten palliativmedizinischen Strukturen könnte
- ein würdigeres Sterben ermöglichen,
- Überbehandlung reduzieren,
- und gleichzeitig Ressourcen für andere notwendige Behandlungen freimachen.
Politische Reformen wie Krankenhausreformen müssen diese Realitäten berücksichtigen und Palliativmedizin verbindlich stärken.
Der Longevity-Trend: Chance und Herausforderung
Länger leben heißt nicht automatisch gesünder leben. Wenn es gelingt, Menschen tatsächlich fit und robust älter werden zu lassen, entlastet das das Gesundheitssystem. Anderseits führen demografische Verschiebungen und chronische Krankheitslast dazu, dass mehr Menschen mit komplexen Versorgungsbedarfen auf Unterstützung angewiesen sind.
Darum brauchen wir eine Doppelstrategie: Prävention und Gesundheitsförderung einerseits, Ausbau von Palliativ- und Pflegeangeboten andererseits.
Konkrete Handlungsempfehlungen
- Für Patienten und Angehörige: Frühzeitig Wünsche niederschreiben, Advanced Care Planning nutzen und Gespräche suchen.
- Für Ärztinnen und Ärzte: Sorgfältige Indikationsstellung, Übertragbarkeit von Studienergebnissen prüfen und Nutzen-Schaden-Abwägung dokumentieren.
- Für politische Entscheider: Ressourcen gezielt in Palliativversorgung investieren und Anreize schaffen, die Überversorgung am Lebensende reduzieren.
Zum Schluss
Die zentrale Botschaft bleibt klar und energisch: Nicht das Alter alleine, sondern der individuelle Zustand und die persönlichen Wünsche sollen bestimmen, welche Therapien am Lebensende sinnvoll sind. Gute Medizin braucht Zeit, Gesprächskultur und eine Versorgungsstruktur, die palliativmedizinische Angebote stärkt. So lässt sich Überversorgung vermeiden und Selbstbestimmung bis zuletzt ermöglichen.
This article was created from the video Vorstoß von Streeck: Was Patienten am Lebensende hilft | Palliativmediziner bei ZDFheute live with the help of AI.
Vorstoß von Streeck: Was Patienten am Lebensende hilft – Perspektiven aus der Palliativmedizin. There are any Vorstoß von Streeck: Was Patienten am Lebensende hilft – Perspektiven aus der Palliativmedizin in here.
