Im aktuellen politischen Diskurs sorgt das SPD-Friedensmanifest für hitzige Debatten. Bei Markus Lanz diskutierten am 1. Juli 2025 Omid Nouripour, ehemaliger Grünen-Vorsitzender, und SPD-Politiker Ralf Stegner über die Herausforderungen im Umgang mit Russland, die Notwendigkeit von Aufrüstung und die Chancen diplomatischer Lösungen im Ukraine-Konflikt. Dabei wurde deutlich: Die Meinungen über den richtigen Weg sind so gespalten wie die politische Landschaft selbst.
Das Manifest und die Kritik: Drei zentrale Punkte von Nouripour
Nouripour, der die russische Perspektive gut kennt, formulierte drei wesentliche Kritikpunkte an dem Manifest:
- Mangelnde frühzeitige Diskussion über Mittelstreckenraketen: Er bemängelt, dass zentrale Themen wie die Stationierung von Mittelstreckenraketen und die Frage des Dialogs mit Russland bereits seit 2022 hätten intensiv diskutiert werden müssen. Besonders verwunderlich sei, dass die Debatte erst jetzt so stark aufkommt, obwohl Kanzler Scholz bereits Mittelstreckenraketen als Antwort auf die russische Bedrohung präsentierte.
- Unehrlichkeit in der Selbstreflexion: Das Manifest erwähne zwar den russischen Angriffskrieg, setze aber zahlreiche westliche Fehler, wie den NATO-Angriff auf Serbien 1999, gleichrangig daneben, ohne klar auf die damalige Rolle der SPD und die Verantwortung hinzuweisen. Dies wirke inkonsistent und unaufrichtig.
- Irreführung durch den Appell zum „Endlich Reden“: Nouripour weist darauf hin, dass es seit Jahren intensive Gespräche mit Russland gibt – von Scholz’ Moskau-Besuch vor dem Ukraine-Krieg bis zu Initiativen der US-Regierung. Die Bevölkerung werde jedoch in die Irre geführt, als ob kein Dialog stattfinde, was Putin’s Propaganda in die Hände spiele.
Er betont, dass die russische Seite derzeit eine Sommeroffensive plane und die militärische Lage in der Ukraine keine Entspannung zeige.
Stegners Erwiderung: Diplomatie und Aufrüstung im Einklang
Ralf Stegner verteidigte das Manifest leidenschaftlich und stellte klar, dass:
- Der russische Angriffskrieg als völkerrechtswidrig benannt wird und er selbst Putin als Kriegsverbrecher bezeichnet.
- Das Manifest eine Denkschrift sei, die Diskussionsansätze liefern wolle, ohne in allen Punkten als endgültig zu gelten.
- Diplomatie wichtig sei, aber nicht bedeute, die Verteidigung der Ukraine zu stoppen oder naiv zu sein.
- Die Debatte um die Aufrüstung und das Zwei-Prozent-Ziel des BIP für Verteidigung in Deutschland zwar schwierig, aber notwendig sei – mit dem Ziel, eine diplomatische Lösung zu finden und nicht in ein Wettrüsten zu verfallen.
Stegner kritisierte außerdem die gleichzeitigen Kürzungen der humanitären Hilfe und verwies auf die Komplexität der geopolitischen Lage, die nicht nur auf Russland reduzierbar sei.
Militärische Realität und Aufrüstung: Ein Blick auf die Bundeswehr und Russland
Ein weiterer zentraler Diskussionspunkt war der Zustand der Bundeswehr und das militärische Ungleichgewicht in Europa:
- Nouripour beschreibt, wie Deutschland in den letzten Jahrzehnten systematisch abgerüstet hat, während Russland seine Armee modernisierte und aufrüstete.
- Er betont, dass viele Bundeswehr-Einheiten wie die Heeresfliegerflugabwehr erst jetzt wieder aufgebaut werden und die Bundeswehr in vielen Bereichen nicht kampffähig sei.
- Die russische Militärmacht wird als massiv und mit einem hohen Anteil des Haushalts für Rüstung (bis zu 40 Prozent) dargestellt, was im Vergleich zu Deutschland und anderen Ländern eine enorme Belastung sei.
- Stegner verweist auf historische Verteidigungsausgaben unter Willy Brandt und Helmut Schmidt, um zu verdeutlichen, dass heutige Aufrüstungen nicht zwangsläufig eine Eskalation bedeuten, sondern auch der Sicherheit dienen.
Der Umgang mit Russland: Zwischen Dialog und Realpolitik
Die Diskussion zeigte auch die tiefen Unterschiede in der Einschätzung Russlands und Putins:
- Nouripour beschreibt Putins Haltung als hegemonial und expansionistisch, der die Ukraine als Teil eines „ein und desselben Volkes“ sieht und die Rückgewinnung ehemaliger Einflussgebiete anstrebt.
- Stegner hebt hervor, dass es keine Friedensordnung in Europa ohne Russland geben wird, da es geografisch und historisch ein wesentlicher Teil Europas ist.
- Beide sind sich einig, dass die Gesprächsbereitschaft Putins oft nur eine Taktik sei, um Verhandlungen zu verzögern oder abzubrechen.
- Die Notwendigkeit, die NATO als Schutzmacht zu erhalten, wird betont, da ohne die USA eine europäische Verteidigung kaum möglich sei.
Fazit: Ein komplexes Spannungsfeld zwischen Frieden, Sicherheit und Verantwortung
Die Debatte um das SPD-Friedensmanifest spiegelt die komplexen Herausforderungen wider, vor denen Deutschland und Europa stehen. Der Wunsch nach Frieden steht im Spannungsfeld mit der Notwendigkeit, sich militärisch zu verteidigen und klare Positionen gegenüber Russland zu beziehen.
Während Nouripour vor einer naiven Friedenssehnsucht warnt und die Realitäten eines aggressiven Russlands betont, plädiert Stegner für eine ausgewogene Balance aus Aufrüstung und Diplomatie – ohne Illusionen, aber mit dem Ziel, langfristig Sicherheit mit Russland zu schaffen.
Die Diskussion zeigt, wie wichtig es ist, offen und ehrlich über Deutschlands Rolle in der Sicherheitspolitik zu sprechen und dabei sowohl die historische Verantwortung als auch die aktuelle Bedrohungslage zu berücksichtigen.
Wer sich weiter mit dem Thema befassen möchte, findet den gesamten Talk hier: Markus Lanz vom 01. Juli 2025.
This article was created from the video Nouripour und Stegner diskutieren über das SPD-Friedensmanifest | Markus Lanz vom 01. Juli 2025 with the help of AI.
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